Ausgekugelte Gelenke

Prallt ein Vogel zum Beispiel während des Fluges mit einem Flügel gegen ein Hindernis, kann diese stumpfe Gewalteinwirkung zur Folge haben, dass der obere Knochen des Flügels aus seiner natürlichen Position rutscht. Das Schultergelenk ist dann ausgekugelt, der betroffene Vogel erleidet dadurch je nach Schwere der Luxation eine mehr oder minder stark ausgeprägte Einschränkung der Beweglichkeit des Flügels und er leitet einige Tage lang unter großen Schmerzen. Eine Auskugelung eines Gelenks geht häufig mit einer Schwellung, Blutergüssen und Bänderdehnungen einher. Ist die Schulter eines Vogels ausgekugelt, lässt sich dies in aller Regel nicht wieder umkehren und eine zeitlebens vorhandene schwere Beeinträchtigung der Flugfähigkeit bis hin zur vollständigen Flugunfähigkeit ist die Folge.

Gehirnerschütterung

Benommen und mit verdrehten Kopf liegt dieses Rotkehlchen nach einem Kollisionsunfall da, es hat sich eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen © Sylvia Urbaniak

Während der Kollision mit einem langsam fahrenden Auto, einem Fenster oder einem anderen Hindernis prallen fast alle Vögel mit dem Kopf voran gegen den harten Gegenstand. Ihre Fluggeschwindigkeit wird augenblicklich abgebremst und ein dumpfer Schlag wirkt dabei auf die Kopfregion ein. Hierdurch entsteht in vielen Fällen eine Gehirnerschütterung, wobei der Schweregrad variieren kann.

Leidet ein Vogel an einer Gehirnerschütterung, ist er in den meisten Fällen orientierungslos, sitzt benommen und zusammengekauert auf dem Boden. Das Gefieder ist in aller Regel stark aufgeplustert und die Augen sind geschlossen. Manche Vögel liegen benommen auf dem Rücken, oft in verdrehter Körperhaltung.

 

Eine Gehirnerschütterung verursacht beim Menschen Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, starke Kopfschmerzen sowie eine Überempfindlichkeit der Augen gegen Licht und eine hohe Geräuschempfindlichkeit. Beobachtungen an Vögeln lassen den Schluss zu, dass die Tiere ähnlich empfinden, wenn sie an einer Gehirnerschütterung leiden. Sie sollten deshalb nach Möglichkeit in einer dunklen, ruhigen und nicht zu kühlen Umgebung untergebracht werden. Alle optischen und akustischen Reize des Gehirns sind zu vermeiden.

Knochenbrüche und Verstauchungen

Vögel können auf unterschiedliche Weise verunglücken und sich dabei Verstauchungen oder Brüche an den Flügeln zuziehen. Typische Unfallsituationen sind Kollisionen mit Fensterscheiben, fahrenden Autos, Hochspannungsleitungen oder in seltenen Fällen auch mit anderen Vögeln. Für Jungvögel sind Stürze aus dem Nest gefährlich, hierbei können sich die noch nicht flugfähigen Tiere an den Flügeln verletzen. Außerdem treten oft Flügelverletzungen auf, wenn Vögel von Säugetieren wie Katzen angegriffen werden.

Infolge eines Flügelbruchs oder einer Verstauchung dieses Körperteils hängt die Schwinge herab und die meisten betroffenen Vögel können nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr fliegen. So sprechen beispielsweise leichte Lähmungserscheinungen für eine möglicherweise vorliegende Verstauchung. Je schneller ein am Flügel verletzter Vogel einem fachkundigen Tierarzt vorgestellt wird, desto höher sind seine Chancen auf eine vollständige Genesung. Denn falls ein Knochenbruch vorliegt, ist Eile geboten: Die Heilung setzt rasch ein und die Knochen könnten schief zusammenwachsen. Um zu klären, wie schwer die Verletzung ist, muss der Tierarzt den Vogel zumindest abtasten, noch empfehlenswerter ist das Anfertigen einer Röntgenaufnahme. Anhand des Befundes kann der Tierarzt dann entscheiden, wie weiter vorgegangen wird.

 

Es gibt spezielle Fälle, in denen Vögel eine charakteristische Körperhaltung einnehmen, die einen Laien an einen Flügelbruch denken lassen. In Wahrheit nutzen die Tiere den abgespreizten Flügel als Stütze, weil eines ihrer Beine gebrochen ist und sie nicht mehr richtig stehen können.

Auf dem Foto ist ein solcher Fall zu sehen. Das linke Bein des Habichts steht seitlich ab und der Vogel kann nicht richtig stehen.Der Grund dafür ist ein Bruch des Ständers. Aus dem Grund streckt er den linken Flügel seitlich aus und stützt sich auf diesen.

 

Im Fall einer Verstauchung braucht der betroffene Vogel meist ein wenig Schonung, eine Behandlung mit Traumeel-Tropfen über das Trinkwasser kann sinnvoll sein. Darüber hinaus kann das Auftragen von Traumeel-Salbe ratsam sein, jedoch nicht bei Brüchen, sondern nur bei Verstauchungen. Generell sollten Knochenbrüche so wenig wie möglich berührt werden. Wichtig ist jedoch, sie von einem Tierarzt richten zu lassen, in manchen Fällen muss sogar operiert werden. Nachdem der beschädigte Knochen wieder in die anatomisch richtige Position gebracht worden ist, kann es erforderlich sein, dass der betroffene Vogel für einige Zeit eine Bandage tragen muss. Beim Behandeln eines Bruches ohne eine Operation wird von der sogenannten konservativen Methode gesprochen.

 

Bei der chirurgischen Methode werden die Bruchenden unter Narkose mit Drähten oder dünnen Kanülennadeln aneinander befestigt. Nach etwa zwei bis drei Wochen werden diese wieder entfernt. Die chirurgische Methode hat den Vorteil, dass die Bruchenden exakt aneinander angepasst werden können. Wichtig ist, dass Operationen von erfahrenen, auf die Behandlung von Vögeln spezialisierten Tierärzten durchgeführt werden.

Arthrose in den Gelenken der Flügel

Sehr alte Wildvögel können an einer Arthrose im Schultergelenk oder in anderen Gelenken des Flügels erkranken. Die Flugfähigkeit der Tiere wird dadurch für gewöhnlich stark eingeschränkt und sie überleben in freier Wildbahn meist nicht lang. Eine Arthrose ist häufig ausgesprochen schmerzhaft und eine Heilung nicht möglich. Allenfalls eine Linderung der Beschwerden kann erzielt werden. Ob eine Therapie sinnvoll ist, muss ein fachkundiger Tierarzt entscheiden. Es kann vorkommen, dass der zu Rate gezogene Tiermediziner empfiehlt, einen Vogel mit Arthrose einschläfern zu lassen.

Betroffene Vögel, die nicht eingeschläfert werden, sind Pflegefälle, die in aller Regel in menschlicher Obhut leben sollten. Sie sind in freier Natur zu kraftlos, um Flüge für die Nahrungssuche zu unternehmen oder Fressfeinden auszuweichen. Die Arthrose wäre für sie in freier Wildbahn ein sicheres Todesurteil.

Blutende Wunden und ausgerissene Federn am Flügel

Zum Beispiel durch Zusammenstöße mit harten Gegenständen oder durch den Angriff eines Säugetiers kann es zu Verletzungen an den Flügeln kommen.

Befindet sich Blut am Flügel, sollte sehr genau überprüft werden, wo sich die Wunde befindet. Nach Möglichkeit sollte sie von einem fachkundigen Tierarzt untersucht werden, denn es könnte sich im ungünstigsten Fall um einen offenen Bruch handeln. Der Pfleger sollte zunächst die Blutung stillen und den Flügel ruhig stellen, siehe Anleitung unten. Dann sollte er sich auf dem schnellsten Weg zu einem Tierarzt begeben. Bei ausgerissenen Federn, wie es beispielsweise durch Säugetierangriffe geschehen kann, können Vögel vorübergehend flugunfähig werden. Sie brauchen dann bis zu ihrer Genesung Pflege, um in der Natur nicht Opfer eines weiteren Angriffs zu werden. Es kann lange dauern, bis die Federn nachgewachsen sind.

Flügellähmungen

Aufgrund unterschiedlicher Ursachen kann es zu schweren Lähmungen eines Flügels oder beider Flügel kommen. Häufig sind Knochenbrüche oder Sehnenverletzungen für Flügellähmungen verantwortlich. Auch Muskelverletzungen oder -schwächen können dazu führen, dass Flügel nicht mehr bewegt werden können. Eine weitere mögliche Ursache ist ein stark ausgeprägter Nährstoffmangel, der zu Krämpfen und Lähmungen führt, die die Beine oder die Flügel betreffen können und häufig anfallartig auftreten. Wichtig ist, dass ein Vogel mit Flügellähmungen nicht dazu gezwungen wird, sich trotzdem zu bewegen oder gar zu fliegen. Ein erfahrener Tierarzt sollte klären, weshalb der Flügel gelähmt ist. Oft lassen sich durch gezielte Behandlungen – mitunter ergänzt durch Physiotherapie – die Flügel wieder mobilisieren. Physiotherapie ist bei Wildvögeln schwierig, weil sie sich naturgemäß vor den Händen eines Menschen fürchten. Außerdem müssen die therapeutischen Bewegungen korrekt ausgeführt werden, um dem Tier tatsächlich zu helfen. Deshalb ist es ratsam, diese unterstützende Behandlungsmaßnahme nur von Experten durchführen zu lassen.

Gelenkentzündungen an den Flügeln

Vögel können sich Gelenkentzündungen in den Schultern und in den Flügeln zuziehen. Häufig entstehen solche Entzündungen durch Krankheitserreger wie zum Beispiel Salmonellen, die über Hautwunden in die Blutbahn des Vogels gelangen. Ist in einem Flügel ein Gelenk entzündet, schont der Vogel die Schwinge und kann meist nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr fliegen. Die betroffenen Gelenke sind meist verdickt, gerötet und warm; unter dem Gefieder ist dies aber oft nicht sichtbar. Bakterielle Gelenkentzündungen werden mit Antibiotika behandelt, die in den meisten Fällen per Spritze (Injektion) vom Tierarzt eingegeben werden.

Zusätzlich zu den Antibiotika hat sich die Gabe des homöopathischen Präparates Arnica D6 bewährt. Auch Traumeel-Tropfen, die über das Trinkwasser verabreicht werden, helfen gut gegen entzündete Gelenke. Zudem kann das Eincremen der erkrankten Gelenke mit Traumeel-Salbe ratsam sein, wobei allerdings darauf zu achten ist, dass das Gefieder nicht verklebt wird.

Kippflügel bei Gänsen und anderen Wasservögeln

Bei Gänsen, aber auch bei Enten und Schwänen, zeigt sich bei manchen Individuen eine Flügelerkrankung, die als Kippflügel bezeichnet wird. Bei betroffenen Vögeln ist ein Flügel – in seltenen Fällen auch beide – in sich verdreht (verkippt). Im Kükenalter kommt es bei den Tieren zu einem Wachstumsproblem: Die Federn und die Knochen wachsen normalerweise aufeinander abgestimmt. Doch bei Kippflügel-Vögeln wachsen die sogenannten Handschwingen (Federn am Flügel) im Vergleich zum Flügelknochen in manchen Fällen überproportional schnell. Hierdurch kommt es zu einer Verkippung. Über den Auslöser für das Fehlwachstum streiten die Experten noch, es werden verschiedene Ansätze diskutiert.

Vögel, die einen oder zwei Kippflügel haben, sind flugunfähig, ein Teil ihrer langen Federn steht nach außen weg und sieht meist sehr zersaust aus.

Offene Knochenbrüche an den Flügeln

In besonders schweren Fällen ziehen sich Vögel sogenannte offene Brüche an den Flügeln zu, aber auch an den Beinen können offene Brüche vorkommen. Ursachen gebrochener Flügel sind häufig heftige Kollisionen mit harten Gegenständen, zum Beispiel Hochspannungsleitungen, Fensterscheiben oder fahrende Autos.

Ursachen gebrochener Flügel sind häufig heftige Kollisionen mit harten Gegenständen, zum Beispiel Hochspannungsleitungen, Fensterscheiben oder fahrende Autos. Auch kommt es vor, dass kleinere Vögel von Fressfeinden angegriffen und verletzt werden oder dass Menschen illegal auf sie schießen und dadurch schwer verletzen. Bei einem offenen Bruch ragen Teile des verletzten Knochens aus einer Wunde heraus. Eine Operation ist die vielversprechendste Methode zur vollständigen  Genesung, in Einzelfällen kann aber auch konservativ behandelt werden. Wird ein Vogel, der an einem offenen Bruch leidet, zu spät aufgegriffen, kann die Wunde infiziert sein.

Eine solche Infektion ist oft tödlich. Außerdem können nicht alle offenen Bruchverletzungen wieder in eine anatomisch korrekte Position gebracht werden, wodurch der Flügel unbrauchbar wird. Deshalb schlagen Ärzte in manchen Fällen eine Amputation des betroffenen Körperteils vor.

Rachitis (Knochenweiche) an den Flügeln

Wird der Körper eines Vogels während des Wachstums nicht ausreichend mit Kalzium und anderen Mineralstoffen versorgt und erleidet das Tier eine Unterversorgung mit den Vitaminen D3 und B, kann es zu einer Schädigung der Knochen kommen. Diese bleiben weich und verformen sich. In der Fachsprache wird hierbei von einer sogenannten Rachitis gesprochen. Hiervon sind in aller Regel zunächst die Beine betroffen, später weichen auch der Schnabel und die Krallen auf. Im noch weiteren Verlauf kommt es zu Problemen mit anderen Knochen wie der Wirbelsäule und in einigen Fällen auch mit den Flügeln. Ein Tierarzt muss den betroffenen Vogel untersuchen und dafür sorgen, dass der Nährstoffmangel schnellstmöglich ausgeglichen wird. Sind die Wirbelsäule und die Flügel bereits geschädigt, ist die Rachitis oft so weit fortgeschritten, dass eine Verbesserung der Situation jedoch leider kaum mehr möglich ist.

Luftsackrisse

Wildvögel verfügen neben ihrer Lunge über weitere Organe ihres komplexen Atmungssystems. Es handelt sich dabei um die sogenannten Luftsäcke. Prallen sie mit einem harten Gegenstand zusammen, können sich die Tiere einen Luftsackriss zuziehen. Durch die Kollision werden die ballonartigen Strukturen im Körper so stark gestaucht, dass ihre zarte Hauthülle reißt. Auch dann, wenn Wildvögel von einem Säugetier wie einer Katze angegriffen werden, kann es zu dieser Art der inneren Verletzung kommen – die Symptome sind bei beiden Ursachen gleich. Der betroffene Vogel zeigt an seinem Körper starke Schwellungen, die wie große Blasen aussehen, wenn man die darüber liegenden Federn zur Seite streicht. Er muss von einem Arzt behandelt werden, damit die schmerzhaften Schwellungen, die zudem oft die Atmung behindern, sich zurückbilden.

Ein Tierarzt kann hier auf unterschiedliche Weise helfen, wobei er den erkrankten Vogel unter Umständen in eine Narkose legen muss. Wichtig ist, dass der Patient einige Tage Zeit zur Genesung in einer sicheren Umgebung erhält, in der er nicht fliegen kann. Beim Flug beschleunigt sich die Atmung und der Körper verbraucht mehr Sauerstoff. Dadurch müssen die Luftsäcke verstärkt arbeiten, was die Regeneration der verletzten Organe stören würde. Deshalb empfiehlt sich die vorübergehende Unterbringung in einer kleinen Box.

Diese Stadttaube hat einen Luftsackriss erlitten, der sich in Form einer Schwellung am oberen Rücken zeigt © Sylvia Urbaniak

Platzwunden

Durch einen harten Aufprall können am Kopf oder selten am Körper eines Vogels Platzwunden entstehen, die oft stark bluten. Platzwunden müssen mit einem blutstillenden Mittel und/oder mit einer sterilen Druckkompresse behandelt werden. Lässt sich eine Blutung nicht stoppen, muss umgehend ein Tierarzt zu Rate gezogen werden. Gegebenenfalls müssen Wunden, die durch einen Kollisionsunfall entstanden sind, gereinigt werden, wenn das betroffene Tier beispielsweise nach einem Zusammenstoß mit einem Auto blutend im Staub am Straßenrand gelegen hat. Die Wundreinigung sollte von einem Tierarzt oder einem erfahrenen Vogelpfleger vorgenommen werden. Normalerweise heilen vom Tierarzt versorgte und gegebenenfalls genähte Platzwunden relativ rasch und problemlos. Ein starker Blutverlust kann das betroffene Tier jedoch enorm schwächen, weshalb einige Tage Ruhe und Schonung mitunter notwendig sind.

Nasenbluten

Waldschnepfe mit Nasenbluten infolge eines Kollisionsunfalls © Heinz Förster

Durch eine Kollision mit einem harten Gegenstand können bei einem Vogel Verletzungen im Rachen und in der Nase sowie in den Nasennebenhöhlen entstehen. Das Tier blutet dann aus der Nase. Es gibt keine Möglichkeit, Nasenbluten bei Vögeln mit Hausmitteln zu stoppen. Starkes Nasenbluten muss von einem fachkundigen Tierarzt behandelt werden, allerdings geht es häufig mit einer Gehirnerschütterung oder anderweitigen schweren Kopfverletzungen einher. Deshalb sind die verunfallten Vögel mit äußerster Vorsicht zu transportieren, denn jedwede Erschütterung könnte ihren Gesundheitszustand weiter verschlechtern.

 

Nasenbluten rührt nicht in jedem Fall von einem Kollisionsunfall her, es kann beispielsweise auch aufgrund von Vergiftungen auftreten. Häufig sind die betroffenen Vögel orientierungslos, drehen sich im Kreis, leiden unter Muskelkrämpfen und haben Durchfall und/oder Erbrechen.

Schädel-Hirn-Trauma und Hirnblutungen

Die Folge einer Kollision mit einer Glasscheibe oder einem fahrenden Auto kann eine Verletzung innerhalb des Schädels sein. Ein Hirntrauma oder eine Hirnblutung sind so gravierend, dass betroffene Vögel in aller Regel binnen weniger Minuten sterben beziehungsweise nur durch eine sehr langwierige, intensive Pflege durch den Menschen zu retten sind, falls sie den Unfall überleben.

Hirnblutungen führen meist dazu, dass sich ein Blutgerinnsel bildet, das Blutgefäße blockiert. Dadurch werden Teile des Gehirns nicht mehr richtig durchblutet, wodurch wiederum Lähmungen in Körperteilen entstehen, die von den betroffenen Hirnregionen kontrolliert werden. Oft fehlt nach einer Hirnblutung der Pupillenreflex in einem oder in beiden Augen, das heißt, bei Lichteinfall ziehen sich die Pupillen nicht mehr zusammen. Mit einer Hirnblutung kann auch ein Hirnödem einhergehen, dabei lagert sich Gewebeflüssigkeit im Gehirn ein. Durch diese Flüssigkeitsansammlung innerhalb des Schädels kommt es häufig dazu, dass ein Auge (selten beide) nach außen gedrückt wird. Die daraus entstehende Wölbung ist selbst für einen Laien deutlich zu erkennen.

Zudem leiden Vögel nach einer Hirnblutung meist an Krämpfen, die den gesamten Körper betreffen. Auch Fehlstellungen des Kopfes (starke Neigung zur Seite) oder des Schwanzes sind meist die Folge. Ein weiteres typisches Merkmal dieser Art der inneren Verletzung ist, dass sich die betroffenen Vögel immerzu im Kreis drehen. Nicht immer ist eine Heilung in solch schweren Fällen möglich. Sie sollten dem Vogel aber unbedingt Zeit geben zur Regeneration.

 

Hirntraumata, bei denen es nicht zu einer Blutung innerhalb des Schädels kommt, sind mit ähnlichen Symptomen wie Hirnblutungen verbunden, allerdings ist oft eine Heilung möglich. Diese ist jedoch in aller Regel ausgesprochen langwierig und nur durch eine intensive Pflege des erkrankten Vogels zu erzielen. Deshalb muss sehr sorgfältig überlegt werden, ob sich das betroffene Tier für eine mitunter mehrere Monate dauernde Haltung in menschlicher Obhut überhaupt eignet. Ist eine Wiederauswilderung nicht möglich, so sollte gegebenenfalls frühzeitig nach einem guten Dauerpflegeplatz für den betroffenen Vogel gesucht werden.

 

Insbesondere Spechte sind sehr häufige Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma in Folge von Kollisionsunfällen. Bei ihnen ist es fast nie nur mit Abwarten und Ruhe getan, sondern sie benötigen in der Regel mehrere Tage bis Wochen bis zur vollständigen Genesung. Typische Krankheitssymptome sind bei ihnen Kopfschiefhaltung, Lähmungen, vor allem der Beine und massive Gleichgewichtsprobleme.

Oftmals sind sie nicht in der Lage selbstständig zu fressen und müssen daher entweder von Hand gefüttert werden, oder sie fressen mit etwas Hilfestellung durch den Pfleger selbst, wenn dieser das Futter direkt vor den Schnabel hält oder den Specht direkt vor den Napf setzt. Nachts sind unbedingt die Wassergefäße zu entfernen um ein Ertrinken darin zu verhindern.


Die Behandlung erfolgt auch bei den Spechten vordergründig durch Ruhe, Vermeiden von äußeren Reizen und Vitamin B Komplex-Gaben. Homöopathische Mittel, wie Hypericum und Traumeel können unterstützend verabreicht werden. Das Wichtigste bei der Behandlung von Spechten mit Schädel-Hirn-Trauma ist jedoch Geduld. In sehr vielen Fällen können selbst Spechte, die anfangs nicht in der Lage sind, aufrecht zu sitzen, ihre Beine zu benutzen oder selbst zu fressen, nach erfolgreicher Pflege wieder in die Freiheit entlassen werden.

Schnabelbruch

Bei einem harten Aufprall mit hoher Geschwindigkeit kann der Schnabel eines Vogels brechen. Wie gravierend die Verletzung ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren wie dem Aufprallwinkel und der Geschwindigkeit ab. Möglich sind feine Risse (Fissuren) im Schnabel, die man nur bei sehr genauem Hinschauen überhaupt bemerkt, oder Brüche, bei denen Teile des Ober- bzw. Unterschnabels abknicken oder vollständig abgetrennt werden.

Schnabelbrüche stellen in verschiedener Hinsicht eine Gefahr für Vögel dar. Einerseits können die betroffenen Tiere unmittelbar nach dem Bruch infolge des hohen Blutverlustes – der Schnabel sitzt auf einem knöchernen, gut durchbluteten Kern – sterben oder geschwächt werden. Auf der anderen Seite bedeutet ein defekter Schnabel für die Tiere in freier Natur meist das sichere Todesurteil, weil sie sich nicht mehr selbstständig ernähren können.

 

Abgebrochene Schnäbel zu kleben, ist nur in den seltensten Fällen möglich, oft bleiben die angeklebten Fragmente nicht lange haften. Einen Versuch ist es jedoch häufig wert. Viele Tierärzte verfügen allerdings nicht über das nötige Wissen, um Schnäbel kleben zu können. Man sollte deshalb einen auf die Behandlung von Vögeln spezialisierten Tierarzt aufsuchen.

Nach einem Schnabelbruch sollte man den betroffenen Vogel sehr genau beobachten. In der Akutphase benötigt das Tier sehr weiches Futter, weil die Bruchkanten äußerst schmerzempfindlich sind. Manche Vögel müssen vom Menschen zwangsernährt werden, was nur erfahrene Pfleger übernehmen sollten, um den bereits verletzten Schnabel nicht noch weiter zu schädigen. Nach einigen Tagen lässt die Schmerzempfindlichkeit nach. Stellt sich dann heraus, dass das Tier mit dem verletzten Schnabel oder dem verbliebenen Stumpf noch immer selbstständig Nahrung aufnehmen kann, so kann man es nach Absprache mit dem behandelnden Tierarzt bald wieder in die freie Natur entlassen.

 

Tiere, bei denen eine selbstständige Nahrungsaufnahme nicht gewährleistet ist, können nur durch menschliche Hilfe in Gefangenschaft überleben.

Schnabelbruch bei einer Stockente © Iris Gurn

Hier ist ein Abwägen der Situation des Vogels gemeinsam mit dem behandelnden Tierarzt unabdingbar, denn meist wachsen in der Nähe des Schnabelgrundes abgebrochene Schnäbel nicht mehr nach. Das heißt, der betroffene Vogel ist für den Rest seines Lebens nicht mehr dazu in der Lage, eigenständig Nahrung aufzunehmen

Wirbelsäulenverletzungen

Durch Kollisionsunfälle kann die Wirbelsäule eines Vogels schwer geschädigt werden, Ärzte sprechen von einem Wirbelsäulentrauma. Der Aufprall kann zu Stauchungen, Quetschungen und Hämatomen durch Prellungen führen, die starke Schwellungen verursachen. Diese wiederum drücken auf die Nervenkanäle, Lähmungen in Flügeln oder Beinen können die Folge sein. Der verunfallte Grünspecht auf der Abbildung hat ein Hämatom am Rücken erlitten, wodurch seine Beine gelähmt sind.

Durch eine Röntgenaufnahme lässt sich klären, ob die Knochen unverletzt geblieben sind, denn es kann in besonders schlimmen Fällen durchaus vorkommen, dass die Wirbelsäule eines Vogels infolge eines Unfalls bricht. Wird hierbei das Rückenmark durchtrennt, was nahezu immer der Fall ist, so ist das gefiederte Unfallopfer von der Bruchstelle abwärts bis zum Schwanz hin gelähmt. Dies entspricht einer Querschnittlähmung beim Menschen. Eine Heilung ist bei einer derart gravierenden Verletzung nicht mehr möglich. Vögel, deren Wirbelsäule gebrochen ist und die querschnittgelähmt sind, sollte man durch einen Tierarzt von ihrem Leiden erlösen lassen.

Hack- und Bisswunden an Kopf und Augen

Unter Wildvögeln kann es zuweilen zu Streitigkeiten kommen, was vor allem während der Brutperiode der Fall ist. Oft geraten zwei Kontrahenten aneinander, die dasselbe Revier für sich beanspruchen wollen. Dabei hacken die Tiere sich gegenseitig mit dem Schnabel und zielen häufig auf die Kopfregion. Dies kann zu schweren Verletzungen der Augengegend führen. Solche Wunden gehen zudem in vielen Fällen mit ausgerissenen Federn einher. Jungvögel können außerdem gezielt auf den Kopf gepickt werden, um sie zu töten und zu fressen. Die junge Amsel auf dem Bild hat dadurch eine aufgerissene Kopfhaut und ein verletztes Auge erlitten und musste eine langwierige Behandlung über sich ergehen lassen. Eine gründliche Wundreinigung ist wichtig, allerdings sind hierfür spezielle Präparate wichtig, um die Augen nicht zu schädigen. Wie die Wunden zu behandeln sind, erläutert am besten ein Tierarzt. Er kann zudem feststellen, ob es sich bei Verletzungen in Augennähe nur um oberflächliche Wunden handelt oder ob der unter der Haut liegende Bereich eines Auges, also der Glaskörper, ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Dies abzuklären ist ausgesprochen wichtig, denn bei einer Augenverletzung, die nicht erkannt und folglich nicht richtig behandelt wird, kann es im ungünstigsten Fall zu einer lebenslangen Erblindung kommen.

Junge Amsel mit verletztem Auge © Anke Dornbach

Abgeschnürte Zehen und Füße, eingewachsene Ringe

Schnürt ein loser Faden oder etwas Ähnliches das Bein eines Vogels ab, kann dies zu schweren Verletzungen oder gar zum Verlust des Körperteils führen. Anfangs sitzen die Schnüre meist noch locker, doch indem sich die Vögel zu befreien versuchen, ziehen sich die Schlingen immer fester zu. Zunächst graben sich die Schnüre immer tiefer ins Fleisch und schneiden dieses auf. Geraten Bakterien in die Wunde, was in freier Natur oft geschieht, entstehen lokale Entzündungen. Diese sind teils eitrig und sie gehen mit starken Schwellungen sowie Schmerzen einher. Betroffene Vögel humpeln stark.

 

Des Weiteren wird durch eine Abschnürung die Blutversorgung der darunter liegenden Bereiche des Beines und Fußes unterbrochen, sodass sie letztendlich absterben. Tierärzte sprechen in Zusammenhang mit abgestorbenen Körperpartien von nekrotischem Gewebe.

Es ist daran zu erkennen, dass es dunkel verfärbt ist und oft fast schwarz aussieht. In manchen Fällen löst ein solches Absterben einzelner Zehen oder eines Fußes eine Blutvergiftung (Sepsis) aus, die für den betroffenen Vogel tödlich verläuft.

 

Manche Vogelarten sind von diesem Problem überdurchschnittlich häufig betroffen, weil sie aufgrund ihrer Lebensweise mit Gegenständen in Berührung kommen, die Abschnürungen hervorrufen können. Sehr oft tritt das Problem beispielsweise bei Stadttauben auf, weil sie in einer Umgebung leben, in der es sehr viel von Menschen verursachten Müll auf dem Boden gibt. Um die Beine oder Zehen dieser Vögel wickeln sich oft Kunststoffstreifen, Fäden oder anderweitiger vom Menschen achtlos auf die Straße geworfener Unrat. Stadttauben sind allerdings nicht die einzigen Opfer unseres innerstädtischen Mülls. Auch andere während der Nahrungssuche häufig auf dem Boden umher laufende Taubenarten, die in der Nähe des Menschen leben, können betroffen sein. Zu ihnen gehören Ringeltauben, die in den vergangenen Jahren zusehends häufiger in Städten und Dörfern leben. Elstern oder Rabenkrähen sowie Nebelkrähen suchen ihre Nahrung ebenfalls auf dem Boden und geraten dadurch in Gefahr, ihre Beine mit Müll einzuschnüren.

In manchen Fällen wickeln sich auf dem Boden liegende Fäden so fest um die Füße der Vögel, dass in besonders schlimmen Fällen beide Beine fest miteinander verschnürt sind. Die betroffenen Vögel können nicht mehr laufen und sind schwer gehandicapt. Außerdem sieht man häufig Tauben, die durch Einschnürungen einzelne Zehen oder einen kompletten Fuß verloren haben. In Großstädten ist dies bei den Straßentauben leider ein gängiges Bild.

 

Doch Tauben sind bei weitem nicht die einzigen Vögel, die häufig von solchen Verletzungen ihrer unteren Extremitäten betroffen sind. An Teichen, Seen und Flüssen erleiden viele Wasservögel ein ähnliches Schicksal, denn im Wasser schwimmt oft Müll, der sich um ihre Beine wickeln kann. Darüber hinaus treiben in vielen Gewässern Teile von Angelschnüren, die für die Wasservögel zu einer großen Gefahr werden können. Wickeln sich diese um die Beine oder Füße der Vögel, kommt es meist unweigerlich zu schweren Abschnürungen mit den bereits beschriebenen negativen Folgen. Neben Enten sind vor allem verschiedene Gänsearten, aber auch Teich- und Blässhühner sowie Möwen oft die Opfer des im Wasser treibenden Zivilisationsmülls. Letztere leiden unter der Vermüllung von Stränden, an denen es ebenfalls oft Plastikbänder, Fäden oder Angelschnüre gibt, die für sie zur Gefahr werden können.

 

Problematisch ist bei den Einschnürungen, dass sie teils tiefe Wunden verursachen und deshalb ein längerfristiges Eingreifen vonnöten ist, um dem betroffenen Vogel wirklich zu helfen. Es reicht in aller Regel nicht, das einschnürende Material einfach nur zu entfernen und den Vogel dann seinem Schicksal zu überlassen. Die Wunden müssen unbedingt über eine längere Zeit von einer fachkundigen Person gepflegt werden. Außerdem sollte ein auf die Behandlung von Vögeln spezialisierter Tierarzt zu Rate gezogen werden. Im Klartext heißt das: Vögel mit Einschnürungen an den Beinen sind meist Langzeitpfleglinge.

Nach dem Entfernen der Schnüre und dem Reinigen der Wunden können sich Blutkrusten bilden, die sehr hart werden. Sie haben die negative Eigenschaft, in vielen Fällen ihrerseits die Blutzufuhr in die darunter liegenden Körperteile einzuschränken. Aus dem Grund ist es wichtig, dass ein erfahrener Pfleger die Zeit der Genesung des Vogels überwacht und auf entsprechende Alarmsignale achtet.

 

Neben Altvögeln können außerdem Jungtiere von dem Problem betroffen sein. Viele Vogelarten nutzen nicht nur natürliche Materialien zum Nestbau, sondern vermehrt auch Unrat, der in der Natur liegt. So werden zum Beispiel Fetzen von Plastiktüten oder Wollreste in die Nester eingebaut, was für die Jungvögel gravierende Folgen haben kann. Denn in manchen Fällen wickelt sich faseriges Nistmaterial um die Beine und Füße junger Wildvögel. Dadurch, dass sie sich im Nest bewegen und durch Strampeln die störenden Fetzen an ihren Beinen loswerden wollen, ziehen sich die Schlingen oft immer fester zu. Das Wachstum der Nestlinge trägt ebenfalls dazu bei, dass die Einschnürungen zusehends enger werden. Die Folge sind schwere Verletzungen, die in einigen besonders tragischen Fällen sogar dazu führen können, dass sich ganze Teile von Beinen oder Füßen abtrennen.Ein weiteres Risiko stellen eingewachsene Fußringe dar. Hiervon sind meist verwilderte Brieftauben betroffen, denn diese Vögel sind häufig beringt. Verletzen sich die Tiere am beringten Bein, kann dieses anschwellen und der Ring führt zu einer Abschnürung oder er wird vom Narbengewebe eingeschlossen. Eingewachsene Ringe müssen von einem erfahrenen Tierarzt operativ entfernt werden. Die betroffenen Vögel brauchen nach der Operation einige Tage intensive Pflege, damit sie nicht an einer Infektion erkranken.

Lähmungen der Beine und Füße

Bei Wildvögeln können aus unterschiedlichen Gründen Lähmungen in den Füßen und Beinen (Ständerlähmungen) auftreten. Diese schweren Bewegungseinschränkungen können beispielsweise durch einen Nährstoffmangel während der Wachstumsphase hervorgerufen werden. Auch Verletzungen der Beine oder der Wirbelsäule sowie Schwellungen im Bereich des Rückens, die auf die Nerven im Rückgrat drücken, können Lähmungen der Beine zur Folge haben.

Darüber hinaus können Muskeln in den Beinen verletzt sein oder Infektionen zu den Lähmungen führen. Infolge heftiger Kollisionsunfälle mit Kopfverletzungen können ebenfalls Beinlähmungen in Erscheinung treten. Es ist wichtig, die Ursache für Beinlähmungen genau zu klären, damit eine Behandlung eingeleitet werden kann. In manchen Fällen lässt sich einer Lähmung entgegenwirken und das erkrankte Tier kommt wieder auf die Beine.
Auch ein starker Befall mit Kokzidien kann zu Lähmungen eines oder beider Beine führen. In diesem Fall darf kein Vitamin B Komplex verabreicht werden, da dieser die Krankheitserreger unterstützt.

Erst nach der erfolgten Behandlung wird dem Organismus Vitamin B Komplex entweder oral oder durch subkutane Injektionen zugeführt. Je nach Ursache für die Beinlähmung können Therapieschritte eingeleitet werden. Liegt zum Beispiel ein Nährstoffmangel vor, hilft die Verabreichung der bis dahin zu wenig vorhandenen Nährstoffe oft, um die Lähmung zu lindern oder gar zum Verschwinden zu bringen.

 

Nach Kopf- und Rückenverletzungen können sich die Nerven häufig durch die Verabreichung abschwellender Medikamente in Kombination mit Vitaminpräparaten (Vitamin-B-Komplex) wieder erholen. Gegen infektionsbedingte Lähmungen können in vielen Fällen zielgerichtete Behandlungen beispielsweise mit Antibiotika helfen und liegen Verletzungen der Knochen oder Muskeln vor, lässt sich mitunter chirurgisch der Schaden lindern. Zudem kann es in einigen Fällen ratsam sein, den betroffenen Fuß vom Tierarzt in der anatomisch korrekten Position bandagieren zu lassen, siehe Abbildung „Fußbandage“ . Da die Bandagierung aber nicht in jedem Fall angezeigt ist, muss ein erfahrener Tierarzt im Einzelfall darüber entscheiden, ob diese Therapiemaßnahme ergriffen werden sollte oder nicht.

Kloakenvorfall

Manchen Vogelweibchen gelingt es nicht, ein von ihnen produziertes Ei richtig abzulegen. Bleibt es im Bauchraum stecken, spricht man von einer Legenot. Doch das Ei kann auch an der Schleimhaut kleben bleiben und mitsamt dieser aus der hinteren Körperöffnung rutschen. Dann ist von einem sogenannten Kloaken- oder Eileitervorfall die Rede; Ärzte sprechen auch von einem Prolaps.

Gelegentlich kommt es zudem vor, dass Vögel, deren Bindegewebe zu schwach ist, beim Absetzen von Kot einen Kloakenvorfall erleiden. Dies kann sowohl bei Jung- als auch bei Altvögeln auftreten. Zu erkennen ist ein solcher Kloakenvorfall oder Kloakenprolaps an der nach außen gestülpten, dunkelroten und meist geschwollenen Schleimhaut. Geht der Kloakenvorfall mit einer Eiablage einher, kann es geschehen, dass das Ei mit der Schale an der Kloakenschleimhaut festklebt. Betroffene Vogelweibchen werden die Eier häufig nicht aus eigener Kraft los, ohne dabei ihre empfindliche Schleimhaut schwer zu verletzen.

Ein weiterer Grund, weshalb Vögel einen Kloakenvorfall erleiden können, ist ein Sturz aus großer Höhe. Davon betroffen sind meist Jungvögel, die aus dem Nest gefallen sind. Prallen sie dabei auf den Bauch, verrutschen die inneren Organe kurzzeitig und ein Teil des Darms quillt aufgrund des hohen Drucks im Körper aus der Kloake. Die Abbildungen zeigen einen jungen Mauersegler, bei dem es wahrscheinlich aufgrund eines Sturzes aus dem Nest zu einem Kloakenvorfall gekommen ist.

Die nach außen gestülpte Schleimhaut trocknet rasch aus und stirbt dann ab. Tierärzte sprechen in solchen Fällen von einer Nekrose (abgestorbenes Gewebe) oder einer nekrotischen Veränderung der Schleimhaut. Je mehr Schleimhaut abgestorben ist oder je mehr Wunden diese aufweist, desto schlechter sind die Überlebenschancen des betroffenen Vogels.

Ein von einem Kloakenvorfall betroffener Vogel kann außerdem in aller Regel keinen Kot absetzen und leidet zudem unter starken Schmerzen.

Auf dem Weg zum Arzt sollte die Schleimhaut mit einem sterilen Wundverband und steriler Kochsalzlösung befeuchtet werden, um ein weiteres Austrocknen zu verhindern. Das Tier muss während des Transports so gelagert werden, dass er nicht stürzen kann. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um ein Weibchen handelt, in dessen Körper sich ein noch nicht gelegtes Ei befindet oder an dessen vorgefallener Kloakenschleimhaut ein Ei klebt.

 

Beim Tierarzt angelangt, wird das Ei unter Vollnarkose operativ entfernt und die Schleimhaut in den Körper zurückverlagert, sofern der Zustand des Vogels dies noch zulässt. Abgestorbene Bereiche der Kloakenschleimhaut muss der Tierarzt entfernen, da sie sonst zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen können.

Damit die herausgerutschten Schleimhautbereiche nicht sofort wieder aus dem Körper des Vogels quellen, verschließt der Tierarzt die Kloake mit einer sogenannten Tabaksbeutelnaht. Diese sollte nicht so eng sein, dass der Vogel keinen Kot mehr absetzen kann, was der Tierarzt jedoch normalerweise kontrolliert. Ferner verabreicht der Tierarzt dem Vogel in aller Regel ein Antibiotikum, um der Ausbreitung einer eventuell bereits vorhandenen bakteriellen Infektion vorzubeugen.

 

Oft werden zusätzlich Kalzium, Vitaminpräparate und Elektrolyte eingegeben, die Verabreichung von Schmerzmitteln für Vögel ist meist ebenfalls sinnvoll. Die Tabaksbeutelnaht bleibt für gewöhnlich zwei Tage lang verschlossen, dann erst können die Fäden gezogen werden, sofern der Kloakenvorfall ausreichend gut verheilt ist. In dieser Zeit braucht der frisch operierte Vogel viel Ruhe.

Leider überleben viele Vögel die ersten 24 Stunden nach dem Eingriff nicht, weil sie durch den Kloakenvorfall zu viel Kraft verloren haben. Einen Versuch ist die Operation jedoch stets wert, sofern der Tierarzt der Ansicht ist, dass eine Chance für den Vogel besteht. Wird ein an einem Kloakenvorfall leidender Vogel zu spät aufgefunden und ist bereits sehr viel Gewebe des Darms oder Legedarms abgestorben, ist das Schicksal des Tieres oft bereits besiegelt. Jeder operative Eingriff kommt dann zu spät und die Vögel sterben meist in der Narkose. Dessen sollten sich Vogelfinder immer bewusst sein.

Legenot

Von dieser Komplikation der Fortpflanzung betroffene Vögel haben Schwierigkeiten bei der Eiablage. Das sich im Eileiter befindende Ei kann nicht herausgepresst werden. Legenot tritt gehäuft bei Vögeln auf, die durch das Legen zahlreicher Eier bereits geschwächt sind. Auch bei Vögeln, die an Kalziummangel leiden, kommt diese Geburtskomplikation vor. Außerdem kann eine länger währende Grunderkrankung ein Vogelweibchen so sehr schwächen, dass es nicht mehr zum normalen Legen der Eier fähig ist. Ein von dem Problem betroffenes Vogelweibchen verhält sich unruhig, von Zeit zu Zeit nimmt es eine gestreckte Körperhaltung ein, die auf Bauchschmerzen schließen lässt, und das Tier wippt mit dem Schwanz, um das Ei hinaus zu pressen. Tastet man äußerst vorsichtig den Bauch ab, so kann man das Ei fühlen.

Als erste Hilfe sollte dem Vogel feuchte Wärme, beispielsweise in Form von Wasserdampf, zugeführt werden, ohne ihn jedoch zu verbrühen. Eine Legenot ist sehr anstrengend und raubt dem Körper Energie, sodass die Körpertemperatur sinkt. Deshalb sollte das Tier mit einem Infrarot-Dunkelstrahler bestrahlt werden, um ihm Wärme zuzuführen; siehe auch unsere Hinweise zur Wärmetherapie. Das Einreiben der Kloake mit einigen Tropfen Olivenöl oder Sonnenblumenöl ist ebenfalls zu empfehlen, damit die empfindliche Schleimhaut gleitfähiger wird. Mit einer Pipette kann zudem sehr vorsichtig ein wenig Öl in die Kloake geträufelt werden. Versuchen Sie jedoch keinesfalls, das Ei herauszudrücken! Falls es dabei zerbricht, kann die empfindliche Schleimhaut verletzt werden! Deshalb sollten Sie den Bauch des Vogels sehr behutsam und mit sehr wenig Druck massieren.

 

Legt der Vogel das Ei trotz der Hilfestellungen innerhalb von drei Stunden nicht ab, ist ein Tierarzt aufzusuchen, der es gegebenenfalls operativ entfernt. Vor einer Operation kann das Ei in den meisten Fällen durch die gleichzeitige Injektion von Oxytocin und Calcium zum Legen gebracht werden.

Auf dem Röntgenbild erkennt man das fest sitzende Ei bei einer Legenot einer Taube © Sylvia Urbaniak