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Erste Hilfe bei Erkrankungen und Verletzungen
Bei Vögeln ist bei den geringsten Krankheitsanzeichen Eile und Handeln geboten, da der Tod aufgrund des hohen Stoffwechsels meist sehr rasch eintritt. Deshalb ist es in den meisten Fällen wichtig, uns so schnell wie möglich aufzusuchen, damit eine sichere Diagnose gestellt und darauf basierend eine wirksame Therapie eingeleitet werden kann.
Ein Wildvogel, der verletzt, unterkühlt oder schwach aufgefunden wird, muss zunächst stabilisiert werden, je nach Zustand durch Wärme, Ruhe, Infusion usw. Erst, wenn er halbwegs stabil ist, kann eine Überbringung zu uns, welcher für den Vogel mit großem Stress verbunden ist, vorgenommen werden.
Je mehr Informationen du uns geben kannst, umso leichter und treffsicherer wird für uns die Diagnosestellung sein. Zugegeben, nicht alle Fragen lassen sich immer beantworten, weil man in vielen Fällen wenig über die draußen aufgefundenen Vögel weiß. Dennoch können selbst kleinste Hinweise können uns helfen.
- Seit wann bestehen die Krankheits- oder Verletzungsanzeichen?
- Sind weitere Vögel erkrankt oder verletzt?
- War der Vogel schon einmal krank oder verletzt?
- Welche Maßnahmen hast du bereits ergriffen?
- Wie verhält sich der Vogel?
- Womit und in welchen Mengen fütterst du ihn?
- Seit wann ist er bei dir?
- Wie sieht der Kot aus? Mach ein scharfes Foto oder nimm frischen, in Frischhaltefolie gewickelten Kot mit!
- Wie sieht die Vorgeschichte aus? Ist der Vogel beispielsweise von einer Katze verletzt worden oder vom Dach beziehungsweise aus dem Nest gefallen?
Sichern und Transport eines kranken oder verletzten Vogels
Beachte unbedingt, dass ein Transport zum Tierarzt oder in eine Station für den Wildvogel Stress bedeutet, weshalb er behutsam erfolgen muss. Beim Transport sollte der kranke Vogel vor Kälte und Zugluft geschützt sein, der Transportbehälter, in dem der Vogel Halt finden, aufrecht sitzen und nicht rutschen kann, sollte mit einem Tuch bedeckt werden, damit der Vogel möglichst wenigen Umweltreizen ausgesetzt ist. Dadurch wird die Schockgefahr erheblich reduziert.
Es eignet sich am besten für den Transport eines in Not geratenen Wildvogels ein stabiler Karton. In diesen werden von innen nach außen nicht zu große Luftlöcher gestochen und auf den Boden ein weiches Handtuch gelegt. Stell weder Futter noch Wasser in den Karton, sondern setze nur den Vogel hinein. Verwende keinen Käfig oder Ähnliches.
Handelt es sich um einen sehr kleinen Vogel, einen Jungvogel oder einen Vogel, der das Gleichgewicht nicht gut halten kann, so forme aus einem weiteren Handtuch eine Rolle und drehe dieses zu einem Nest zusammen. Für schwache, ausgekühlte oder unvollständig befiederte Vögel wird eine Wärmequelle unter das Nest gelegt. Dies kann ein aufgewärmtes Körner- oder Kirschkernkissen sein, ein Taschenwärmer, eine Wärmflasche oder notfalls eine kleine PET Flasche mit warmem Wasser. Lege auf die Wärmequelle ein weiteres kleines Tuch und prüfe mit der Hand die Temperatur. Es darf sich nicht heiß anfühlen, etwa 30-32 Grad sind richtig.
Fällt der Vogel wegen eines Bruchs oder vor Schwäche um oder auf die Seite, muss er aufrecht sitzend stabilisiert werden. Hierbei werden zwei Handtücher deckungsgleich aufeinandergelegt und entlang der langen Seite aufgerollt. Die beiden Enden legt man nebeneinander und schiebt ein stabiles Gummiband darüber. Mit welchem man die Größe der Sitzöffnung regeln kann. Die Abbildung mit dem Eichelhäher verdeutlicht dies.
Der Karton mit dem Vogel wird im Auto sicher platziert, am besten hinter einem Sitz oder im Fußraum, wo er nicht umfallen kann.
Es ist darauf zu achten, dass es im Auto nicht zu heiß wird, was gerade bei starkem Sonnenschein bei längeren Pausen leicht passieren kann
Unterlasse störende Geräusche wie laute Musik und rauche während der Fahrt bitte nicht.
Manchmal geht es gefiederten Patienten jedoch so schlecht, dass man sie nicht sofort zu uns bringen kann, ohne ihr Leben zu riskieren. In solchen Fällen ist ein sofortiges Eingreifen erforderlich, um sie zu stabilisieren. Erst nach dem Anwenden erster Notfallmaßnahmen lassen sie sich überhaupt zu uns transportieren. Im Folgenden findest du einige Hinweise, die du im akuten Notfall befolgen sollten, um das Leben eines Vogels zu retten.
Unterkühlungen vorbeugen
Die normale Körpertemperatur der Vögel liegt je nach Art zwischen 40 und 42°C. Dringen Krankheitserreger in den Vogelkörper ein oder hat das Tier einen hohen Blutverlust erlitten, arbeitet sein Körper mit Hochdruck an der Abwehr der Erreger beziehungsweise daran, neues Blut zu produzieren. Beides kostet viel Energie, die zur Erhaltung der Körpertemperatur dann nicht mehr zur Verfügung steht. Somit reduziert sich die Körpertemperatur eines erkrankten oder verletzten Vogels. Im Unterschied zu den Säugetieren und Menschen leiden Vögel im Krankheitsfall also nicht unter Fieber, sondern sie kühlen aus und es entsteht eine Untertemperatur. Einem kranken Vogel muss deshalb in den meisten Fällen unbedingt Wärme zugeführt werden.
Als Wärmequelle eignet sich eine warme (nicht heiße) Wärmflasche oder ein Körnerkissen, auf die das Tier gebettet wird. Wärme von unten ist einer Wärmebestrahlung mit einer Lampe vorzuziehen. Weil die Vogelaugen sehr empfindlich sind, können die gängigen Rotlichtlampen sie stark blenden, weshalb im Falle einer Wärmebestrahlung ein sogenannter Infrarot-Dunkelstrahler zu verwenden ist. Auf gar keinen Fall sind UV-Strahler zu verwenden.
Achte bitte darauf, dass die Temperatur nicht zu hoch wird (maximal 35 °C), sodass der Vogel keinen Hitzestau erleidet. Am besten überprüfst du die Temperatur mit einem Thermometer. Es sollte nur ein Teil der Behausung gewärmt werden, damit der Vogel bei Bedarf einen kühleren Ort aufsuchen kann.
Aber Achtung: Eine Wärmebehandlung ist nicht in jedem Fall ratsam, sie kann sogar schädlich sein! Nicht anzuwenden ist die Wärmetherapie beispielsweise bei Störungen oder Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (ZNS), die sich durch Lähmungen und Krämpfe zeigen können, oder bei Verletzungen des Gehirns, die meist nach Kollisionsunfällen auftreten. Durch die Wärme wird der Blutdruck im verletzten Gehirn erhöht, wodurch der Krankheitsverlauf verschlimmert werden kann. Patienten mit Verletzungen oder Erkrankungen, die den Kopf und das Gehirn betreffen, sollten deshalb in einem abgedunkelten, ruhigen Raum untergebracht werden, der nicht zu kühl sein sollte.
Dem Verhungern vorbeugen
Bitte unternimm nicht sofort Fütterungsversuche bei einem geschwächten Vogel. Zunächst muss der Kreislauf des Vogels stabil sein und die Verdauung langsam wieder in Gang gebracht werden. Bei sehr schwachen Vögeln sind Infusionen unter die Haut in die Kniefalte oder eine Elektrolytlösung notwendig.
Vögel haben einen sehr viel schnelleren Stoffwechsel als wir Menschen oder Säugetiere und magern daher innerhalb weniger Stunden oder Tage stark ab, wenn sie keine Nahrung aufnehmen. Durch diese rasche Abmagerung, die meist zur Entkräftung führt, erliegt ein Vogel schnell seiner Krankheit. Man bietet dem Vogel zunächst sein der Vogelart entsprechendes Futter in leicht zugänglichen Näpfen für mehrere Stunden an. Rührt er dieses über einen längeren Zeitraum nicht an, muss ein kranker Vogel nach der Stabilisierung Zwangs-gefüttert werden, wenn er selbst nicht dazu in der Lage ist, Nahrung zu sich zu nehmen.
Für sehr schwache, ausgehungerte Wildvögel, die längere Zeit ohne Futter waren, sollte als allererstes eine Elektrolytlösung verabreicht werden.
Diese muss an den geschlossenen Schnabelrand von außen mit dem gewaschenen Finger oder besser noch mit einem Wattestäbchen verabreicht werden. Niemals darf diese Lösung direkt in den Rachen gegeben werden, weil sonst Erstickungsgefahr droht, da sich die Atemöffnung unter der Zunge befindet.
Diese stellt man am besten nach Anleitung mithilfe eines in der Apotheke erhältlichen Pulvers (Elotrans, Oralpädon) her.
Alternativ kann man auch folgende Mischung verwenden:
1 Liter stilles Mineralwasser oder abgekochtes und abgekühltes Leitungswasser mischen, mit 8 Teelöffeln Traubenzucker, notfalls Haushaltszucker und 1 Teelöffel Kochsalz.Bitte achte darauf, das Gefieder des Vogels nicht zu verkleben, wenn er Elektrolytlösung erhält.
Ist der Vogel stabilisiert, folgt die Verabreichung von Brei aus artüblichen Futter und Wasser, die mittels einer Einwegspritze mit Schlauch in den Rachen gegeben wird. Auch hier gilt Vorsicht wegen der Atemöffnung.
Sinnvoll ist die Beimengung von zehnprozentiger Traubenzuckerlösung, Vitaminen, Mineralstoffen und Korvimin oder Volamin.
Vorsicht bei Kopfverletzungen
Fliegt ein Wildvogel gegen ein Hindernis – zum Beispiel eine Glasscheibe -, ist häufig eine Gehirnerschütterung die Folge. Der betroffene Vogel ist dann meist benommen und gerät leicht in einen Schockzustand. Transportieren Sie den Vogel vorsichtig und legen Sie ihn auf eine weiche Unterlage (zusammen gedrehtes Handtuch) in einer ruhigen, warmen Umgebung. Kippt der Vogel auf die Seite oder auf den Rücken, braucht er eine Stütze, damit er aufrecht sitzen kann. Ein Tierarzt sollte erst aufgesucht werden, wenn sich das Befinden des Vogels wieder stabilisiert hat. In den meisten Fällen reicht es aus, wenn der Vogel einige Zeit Ruhe hatte. Die Erstbehandlung eines Vogels, der an einer Gehirnerschütterung leidet, sollte unter denselben Aspekten erfolgen wie die Behandlung einer Störung des Zentralen Nervensystems (ZNS).
Verletzungen behandeln
Offene Wunden müssen desinfiziert werden. Hierzu tupft man die Wunde zunächst vorsichtig mit einem sauberen Tuch ab und desinfiziert sie anschließend mit Betaisodonalösung oder Rivanol (aus der Apotheke). Eine Alternative zu Betaisodonalösung ist Lavaseptlösung, die speziell bei Verbrennungen wirksam ist.
ie Verabreichung eines Antibiotikums kann in manchen Fällen angezeigt sein. Sie ist oft dann erforderlich, wenn es sich um eine durch ein Säugetier verursachte Bisswunde beziehungsweise Verletzung (vor allem Katzenbisse) handelt.
Der Speichel einiger Säugetiere – insbesondere der von Katzen – enthält Pasteurellen (Bakterien), die sobald sie in die Blutbahn des Vogels eingetreten sind, innerhalb von 48 Stunden zum Tode führen können. Hierzu muss nicht einmal unbedingt eine Wunde sichtbar sein, es genügt der kleinste Kratzer in der Vogelhaut.
Falls so ein Fall vorliegt, ist schnelles handeln notwendig und es sollte so schnell wie möglich Kontakt mit uns oder einem Vogelkundigem Tierarzt aufgenommen werden.
Blutungen rasch stillen
Akute Blutungen müssen sofort gestillt werden. Der Verlust von zu viel Blut kann bei einem verwundeten Vogel rasch zum Tod führen, da die Tiere nur über eine geringe Gesamtblutmenge verfügen. Bei kleineren Wunden drückt man mit einem Wattepad, oder – sofern diese nicht zur Hand sein sollte – mit einer Kompresse so lange auf das beschädigte Blutgefäß, bis die Blutung gestoppt ist.
Größere Verletzungen müssen eventuell anschließend abgebunden werden. Bei starkem Blutverlust sollte eine Elektrolytlösung verabreicht werden, damit der Vogel nicht dehydriert.