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Jungvogel gefunden
Du hast ein Vogelküken gefunden und fragen sich, was zu tun ist? Das Wichtigste vorweg: Nicht immer, wenn ein Jungvogel draußen gefunden wird, benötigen die Tiere tatsächlich menschlichen Beistand. Oftmals fällt es dem Finder schwer, die Situation richtig einzuschätzen. Deshalb werden leider sehr viele vermeintlich in Not geratene Jungvögel unnötig von ihren Eltern getrennt. Wir verraten dir, was du tun sollten, wenn du einen Vogel gefunden hast.
Die wichtigste Regel ist: Grundsätzlich brauchen gefundene Küken, die noch nicht vollständig befiedert sind, deine Hilfe. Man erkennt sie daran, dass noch einige Federn in den Hülsen stecken oder die Vögel noch nackte Stellen aufweisen, an denen die Federn ganz fehlen. Ohne ein vollständiges, fertig ausgebildetes Gefieder kann der Vogel nicht fliegen und auch seine Körpertemperatur nicht halten. Meistens stehen sie in diesem Entwicklungszustand auch noch nicht sicher auf beiden Beinen, sondern liegen mit angewinkelten Beinen auf den „Hacken“.
Ebenso brauchen junge Mauersegler und Schwalben, egal welchen Alters, die am Boden gefunden werden, grundsätzlich menschliche Hilfe.
Hingegen solltest du gesund wirkende Jungvögel, die bereits ein vollständiges Gefieder haben und kurze Strecken fliegen sowie sicher auf beiden Beinen stehen und hüpfen, am Fundort belassen. Ihre Eltern sind in der Nähe und suchen nach Futter, mit dem sie die Jungen auch außerhalb des Nestes versorgen.
Jungvögel vieler Vogelarten verlassen das Nest, sobald ihre Federn fertig ausgebildet sind. Sie sind dann reif für den nächsten Entwicklungsschritt, auch wenn sie auf den Menschen noch hilflos oder gar zutraulich wirken, als würden die Vögel Hilfe suchen.
Oftmals können sie in den ersten Tagen noch nicht sicher fliegen, sondern nur kleine Strecken flatternd zurück legen. Das genügt jedoch häufig, um sich in einem Gebüsch oder anderswo in Sicherheit zu bringen und sich zu verstecken. Dieses Verhalten ist lebenswichtig, denn wenn ein Räuber das Nest mit den Jungen entdeckt, wird er alle Jungen töten. Verteilen sich die Jungen hingegen an verschiedenen Orten, ist die Chance, dass einige diese kritische Phase überleben, deutlich höher. Deshalb und weil sie das Fliegen üben müssen, verlassen Jungvögel das Nest an einem bestimmten Zeitpunkt.
Bei manchen Vogelarten verlassen die Jungvögel bereits voll flugfähig das Nest. Dies ist vor allem bei Höhlenbrütern, wie Meisen, Staren oder auch Sperlingen der Fall. Selbstverständlich durchlaufen auch diese Arten eine Ästlingsphase, während der sie außerhalb des Nestes von ihren Eltern mit Futter versorgt werden. Sollten diese jedoch nicht in der Lage sein, sich zumindest über einige Meter fliegend in ein Gebüsch zu retten, benötigen sie ebenso menschlichen Beistand.
Weiter unten stellen wir dir einige Maßnahmen vor, die du ergreifen kannst und solltest, falls du einen Jungvogel gefunden hast. Unsere Checkliste soll dir die Entscheidung darüber erleichtern, wie du weiter vorgehen solltest. Dabei zeigen wir einige verschiedene Szenarien auf:
- Nackter oder kaum befiederter Jungvogel
- Vollständig befiederter Jungvogel
- Jungvogel an gefährlichem Ort gefunden
- Verletzter Jungvogel gefunden
- Ihre Katze hat einen Jungvogel nach Hause gebracht
- Ästling mitgenommen – was nun?
Nackter oder kaum befiederter Jungvogel
Du hast einen sehr jungen Vogel entdeckt, der kaum oder gar keine Federn hat und der hilflos auf dem Boden liegt; es handelt sich hierbei um einen sogenannten Nestling. Er benötigt dringend Ihre Hilfe, denn außerhalb des Nestes wird er nicht von seinen Eltern gefüttert oder gewärmt. Außerdem ist er Fressfeinden schutzlos ausgeliefert. Der beste Ort für einen solchen Vogel ist das Nest der Eltern, dort hat er die größten Überlebenschancen.
Generell wäre es das Beste, die nähere Umgebung sorgfältig absuchen und den Jungvogel vorsichtig wieder ins Nest setzen, sofern er unverletzt ist. Doch laut deutschem Gesetz ist es verboten, die Nester von Vögeln zu berühren und so eine Störung der brütenden Vögel zu verursachen. Man befindet sich also in einer gesetzlichen Zwickmühle. Falls du dich dazu entscheidest, den gefundenen Jungvogel ins Nest zu setzen, achte bitte unbedingt darauf, dass die Altvögel dies nicht sehen. Wenn sie gerade beide unterwegs sind, um Futter für den Nachwuchs zu sammeln, haben sie ihr Nest vorübergehend nicht im Blick.
Beinbrüche, Luftsackrisse oder Hämatome sind hin und wieder Verletzungen, die durch einen Sturz hervor gerufen werden können. Bei Verletzungen bitte weiter unten lesen, was zu tun ist.
Nur in eindeutigen Notsituationen, beispielsweise falls das Nest durch ein Unwetter zerstört wurde, man kein Ersatznest bauen kann, nachweislich beide Elternteile um Leben gekommen sind oder man die Tiere nicht störungsfrei wieder ins Nest setzen kann, können und sollten die Jungvögel in menschliche Obhut genommen werden. Wie man ein Ersatznest baut, erklären wir weiter unten.
Leider kommt es auch mitunter vor, dass das Nest sehr ungünstig gelegen und somit für den Menschen sogar mit einer Leiter nicht erreichbar ist. Auch in diesem Fall sollte sich des gefundenen Jungvogels angenommen werden.
Es gibt auch die Möglichkeit ein Ersatznest zu bauen, falls das ursprüngliche durch ein Unwetter oder ähnliches zerstört wurde. Information dazu findest du weiter unten.
Solltest du das Nest nicht gleich oder gar nicht finden, nehmen Sie den Jungvogel bitte sofort in Ihre Obhut und wärme ihn, damit er nicht auskühlt.
Es muss vor der menschlichen Aufzucht alles versucht werden, die Eltern und ihre Jungen wieder zusammenzuführen.
Die Eltern können es am besten und dort haben sie auch die höchsten Überlebenschancen.
Vollständig befiederter Jungvogel
Du hast einen jungen Vogel entdeckt, der schon vollständig befiedert ist und der allein auf dem Boden oder in einem Gebüsch sitzt; es handelt sich sehr wahrscheinlich um einen sogenannten Ästling und nicht mehr um einen Nestling. Zwar macht der gefundene Jungvogel einen gesunden Eindruck, aber du hegst jedoch Zweifel darüber, ob er von den Eltern versorgt wird. Verstecke dich in diesem Fall so weit entfernt wie möglich und beobachte den Jungvogel mindestens eine Stunde lang, besser zwei Stunden.
Meist werden die Ästlinge dann plötzlich sehr aktiv, wenn es darum geht, von den Eltern Futter zu erhalten. Hast du dies beobachtet, kannst du sicher sein, dass der kleine Vogel keineswegs verlassen worden ist und auch nicht krank ist. Er braucht somit keine menschliche Hilfe.
Vollständig befiederte Jungvögel verlassen das Nest also oft schon, bevor sie sicher fliegen und sich selbst versorgen können. Sie halten sich normalerweise in der Nähe des Nestes auf und werden dort wie bereits erwähnt von ihren Eltern gefüttert. Solche Jungvögel sollte man deshalb nicht zurück ins Nest setzen, denn sie würden es ohnehin bald wieder verlassen und eventuell noch im Nest sitzende jüngere Geschwister könnten dadurch erschreckt und zu früh aus dem Nest getrieben werden.
Eine Ausnahme bilden Alpen- und Mauersegler. Am Boden aufgefundene Segler – egal ob alt oder jung – sind immer in akuter Not und bedürfen menschlicher Hilfe.
Ästling mitgenommen – was nun?
Eventuell hast du bei einem Spaziergang einen vermeintlich in Not geratenen, voll befiederten Jungvogel mitgenommen, weil du dachtest, er würde dringend menschliche Hilfe benötigen. Hast du jedoch festgestellt, dass es sich um einen Ästling in der Bettelflugphase handelt, so kannst die Situation wieder in Ordnung bringen, sofern du rasch handelst.
Altvögel suchen ihre verloren gegangenen Ästlinge bis zu 24 Stunden lang, erst dann geben sie ihren Nachwuchs auf. Bringen Sie den Ästling also am besten so schnell wie möglich wieder an genau die Stelle, an der Sie ihn gefunden haben.
Im Unterschied zu vielen Säugetiereltern nehmen Vögel ihren Nachwuchs weiterhin an, obwohl man ihn mit seinen Händen berührt hat. Es ist ein populärer Irrtum, dass Vögel ihren Nachwuchs verstoßen, wenn er von Menschen angefasst wurde.
Warte mindestens eine Stunde aus sicherer Entfernung und schaue, ob das Jungtier von seinen Eltern weiter gefüttert wird. Sollte dies der Fall sein, kannst du den Ästling getrost sich selbst überlassen. Findet hingegen keinerlei Fütterung durch Altvögel statt, war deine erste Eingebung wahrscheinlich doch richtig und der Vogel benötigt tatsächlich deine Hilfe.
Jungvogel an einem gefährlichen Ort gefunden
Sitzt ein Jungvogel an einem offensichtlich gefährlichen Ort – dies kann beispielsweise der Rand einer Straße sein -, nimm ihn vorsichtig hoch und setze ihn an einen sicheren Ort, also zum Beispiel in ein Gebüsch. Vermeide Standorte, auf die der Ästling hart aufschlagen könnte, zum Beispiel über einem Pflaster.
Man sollte einen Jungvogel in einem Umkreis von maximal 20 Metern rund um den Fundort wieder absetzen, denn dieser Bereich befindet sich innerhalb des Areals, in dem die Elterntiere ihr Junges vermuten. Durch ihr lautes Rufen machen die Jungvögel ihre Eltern rasch auf sich aufmerksam und werden dann normalerweise weiterhin von ihnen mit Nahrung versorgt.
Verletzter Jungvogel gefunden
Falls du draußen einen Nestling gefunden hast, der sich zum Beispiel beim Sturz aus dem Nest verletzt hat, wäre es sehr wahrscheinlich das sichere Todesurteil für das Tier, es seinem Schicksal zu überlassen.
Sogar dann, wenn man den verletzten Nestling zurück ins Nest setzt, sind seine Überlebenschancen in aller Regel denkbar gering. Der Grund dafür ist, dass viele Verletzungen zu einer lebenslangen Behinderung führen, wenn sie nicht behandelt werden. Ein gehandicapter Vogel hat in freier Natur jedoch nur eine äußerst geringe Lebenserwartung. Ein verletzter Jungvogel sollte deshalb idealerweise in menschlicher Obhut gepflegt und vor allem von einem Tierarzt versorgt werden, damit das Tier nach seiner Genesung ausgewildert werden kann und in der Natur überlebensfähig sein wird.
Deine Katze hat einen Jungvogel nach Hause gebracht
Im Idealfall sollten Katzenhalter in der Jungvogelzeit, also von Mitte März bis Mitte September, die heimische Vogelwelt schützen, indem du deinen Tieren keinen Freigang gewähren. Da diese Tierschutzmaßnahme von den meisten Katzenhaltern jedoch bedauerlicherweise strikt abgelehnt wird, kommt es immer wieder vor, dass Hauskatzen mehr oder minder schwer verletzte Jungvögel, gelegentlich auch Altvögel, mit nach Hause bringen.
Ist dies geschehen, handelt es sich in den allermeisten Fällen um einen akuten Notfall. Auch wenn äußerlich zunächst keine auffälligen Verletzungen sichtbar sein mögen, so kann sogar der kleinste Riss in der Haut des Vogels zur Übertragung lebensgefährlicher Krankheitserreger (sogenannte Pasteurellen) über die Mundschleimhaut der Katze in den Körper des Vogels führen. In so einem Fall ist immer nötig, den Vogel mit einem Antibiotikum zu behandeln, da ein da eine Infektion schwierig bis unmöglich auszuschließen ist. Weitere Informationen zu diesem Thema findest du unter Katzenangriff.
Ersatznest
- Keine direkte Sonneneinstrahlung ab 9 Uhr morgens
- Wind und Wetter geschützt
- Unzugänglich für Katzen
- Anflugmöglichkeit für die Eltern
- Möglichst kein harter Untergrund wie Pflaster unter dem Nest